Wuppertal (ots) –
Viele Unternehmen setzen sich aktiv für den Arbeitsschutz ein und investieren beträchtliche Ressourcen in Sicherheitsmaßnahmen. Gerade bei kleineren Unternehmen spielen die Sicherheit und Gesundheit der eigenen Mitarbeiter jedoch oftmals noch eine untergeordnete Rolle. In der Vergangenheit gingen Behörden eher nachlässig mit diesen Unternehmen um und setzten die Arbeitsschutzvorschriften unzureichend durch.
„Diese Situation hat in der Vergangenheit dazu geführt, dass die Anzahl der Arbeitsunfälle und unsicheren Situationen gerade in kleineren Unternehmen im Vergleich deutlich höher war. Die fehlenden Kontrollen der Behörden führten dazu, dass diese Unternehmen einfach so weitermachen konnten, ohne stärker den Fokus auf den Arbeitsschutz zu legen“, sagt Stefan Ganzke. Der Arbeitsschutz-Profi berät jährlich rund hundert Firmen bei Präventionsmaßnahmen. Hier erfahren Sie, ob das neue Arbeitsschutzkontrollgesetz das ist, was der deutsche Arbeitsschutz gebraucht hat und was der Staat besser machen sollte.
Besichtigungsquoten für Behörden als Mittel gegen Sicherheitsmängel
Der Arbeitsschutz wird noch immer in vielen Betrieben aufgrund der wenigen Kontrollen vernachlässigt. Genau an dieser Stelle will der Staat mit der Neufassung des Arbeitsschutzkontrollgesetzes (ArbSchKG) nachfassen. Das Problem dabei ist jedoch, dass nach wie vor das Personal bei den Aufsichtsbehörden fehlt, um flächendeckend zu kontrollieren, ob Bestimmungen zum Arbeitsschutz eingehalten werden. Als Lösung sieht die neue Fassung des Gesetzes vor, dass Behörden eine Mindestbesichtigungsquote auferlegt wird – es müssen also jährlich mindestens 5 Prozent der Betriebe besucht und die Resultate der Kontrollen an die Bundesfachstelle übermittelt werden.
Stichprobenkontrollen nach Risiko gestaffelt
Die Überwachung von Betrieben in länderübergreifenden Programmen hängt von verschiedenen Faktoren ab – dazu gehören die Art der Tätigkeit und das Risikoniveau. In Zukunft werden auch Unternehmen, die bereits auffällig waren, verstärkt überwacht. Betriebe mit weniger als 50 Mitarbeitern, die sowohl eine Fachkraft für Arbeitssicherheit als auch einen Betriebsarzt beschäftigen, sollen hingegen vergleichsweise seltener kontrolliert werden.
Auch die Prüfstandards wurden in der Neufassung des ArbSchKG aktualisiert. In Zukunft sollen die Behörden daher vermehrt darauf achten, ob im Betrieb die Vorgaben zur Organisation des Arbeitsschutzes eingehalten und Gefährdungsbeurteilungen gewissenhaft und sachgerecht durchgeführt werden. Ebenso sieht das neue ArbSchKG vor, dass Mitarbeiter der Behörden stärker kontrollieren, wie die Betriebe mit Leiharbeitern und anderen zeitlich befristeten Beschäftigten umgehen. Diese waren in der Vergangenheit besonders häufig von Arbeitsunfällen betroffen und sollen jetzt besser geschützt werden.
Arbeitsschutzorganisation und Gefährdungsbeurteilung im Fokus
Konkret bedeutet dies, dass Behörden schon bald die organisatorische Seite des Arbeitsschutzes stärker als bisher kontrollieren werden. Dabei sind unter anderem die Pflichtenübertragung auf Führungskräfte und die Organisationspflichten gemäß Arbeitssicherheitsgesetz entscheidend. Ferner wird kontrolliert, ob die Beschäftigten in angemessener Form im Arbeitsschutz unterwiesen werden, ob Erste-Hilfe-Kästen und Fluchtwege zugänglich und gekennzeichnet sind und ob eine arbeitsmedizinische Vorsorge angeboten wird, die den gesundheitlichen Risiken im Betrieb effektiv entgegenwirkt.
Kontrolliert wird auch, wie die Gefährdungsbeurteilung im Betrieb abläuft. Zum Beispiel wird geprüft, ob Führungskräfte in den Prozess eingebunden sind, wann Gefährdungsbeurteilungen erstellt und wie oft diese aktualisiert werden. Als Faustregel gilt dabei, dass Betriebe mindestens jährlich sowie nach jedem Arbeitsunfall und jeder Veränderung von Prozessen und Arbeitsmitteln neue Beurteilungen erstellen müssen. Zuletzt überprüfen die Behörden bei der Begehung auch Umsetzung, Wirksamkeitskontrolle und Dokumentation der Maßnahmen, um sicherzustellen, dass jede Maßnahme ihren Zweck bestmöglich erfüllt.
Mehr Kontrollen sind ein guter Schritt – aber Aufklärung ist besser
Insgesamt ist das neue ArbSchKG ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung – aber bei Weitem nicht ausreichend. Standards und Mindestquoten sind zwar ein Anreiz für die Behörden, mehr Kontrollen durchzuführen, sorgen aber alleine nicht dafür, dass Betriebe eine intrinsische Motivation dafür entwickeln, den Arbeitsschutz ernstzunehmen. Dies kann nur gelingen, wenn sich die Verantwortlichen der Konsequenzen von Arbeitsunfällen bewusst sind – Produktionsausfälle oder Qualitätsverluste sind nur zwei mögliche Folgen.
Insbesondere in kleinen Betrieben ist dieses Sicherheitsbewusstsein aktuell noch zu schwach ausgeprägt. Um dieses Problem zu lösen, müsste noch mehr im Hinblick auf Aufklärung getan werden. So könnten die Aufsichtsbehörden enger mit den Berufsgenossenschaften zusammenarbeiten. Seitens der Berufsgenossenschaften ist es sicherlich ein notwendiger Schritt, die Aufklärungsangebote aktiver an die kleinen Unternehmen zu übermitteln und eine einfache Sprache zu nutzen.
Über Stefan Ganzke und die WandelWerker Consulting GmbH:
Stefan Ganzke ist zusammen mit Anna Ganzke Gründer und Geschäftsführer der WandelWerker Consulting GmbH. Gemeinsam mit ihrem Team unterstützen die beiden mittelständische Unternehmen und Konzerne dabei, die Arbeitsunfälle kontinuierlich und nachhaltig zu senken sowie eine gelebte Arbeitsschutzorganisation zu entwickeln. Weitere Informationen erhalten Sie unter: https://www.wandelwerker.com
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