Leipzig (ots) –
Um die schrittweise Abkehr vom Verbrennungsmotor und die Digitalisierung zu meistern, fordern die europäischen Automobilregionen ein neues finanziell gut ausgestattetes EU-Unterstützungsinstrument, eine angemessene territoriale Folgenabschätzung der neuen Regelungen sowie Maßnahmen zur Umschulung und Weiterbildung der Beschäftigten. In der ersten politischen Sitzung der Allianz der Automobilregionen (https://cor.europa.eu/de/engage/Pages/Automotive-Regions-Alliance.aspx) am 17. November in Leipzig nahmen die Mitglieder eine kurz- bis mittelfristige Strategie an und sprachen mit EU-Kommissar Schmit über die Unterstützung, die die Regionen mit einer starken Automobilindustrie benötigen.
Die europäische Automobil- und Zulieferindustrie befindet sich in einer Phase des Umbruchs und des Wandels: Die Klimaziele der EU sowie das Paket „Fit für 55“ verlangen dem Straßenverkehrssektor einen erheblichen Beitrag ab und haben folglich Auswirkungen auf alle Automobilregionen in Europa. Die Automobilindustrie ist stark vom grünen und vom digitalen Wandel betroffen. Sie beschäftigt 7,5 Millionen Menschen in den Bereichen Automobilbau und Kfz-Dienstleistungen, was mehr als 6 % aller Beschäftigten in Europa entspricht. Die Umstellung auf emissionsfreie und digitalisierte Fahrzeuge wird sich stark auf die regionalen Automobil-Ökosysteme und sozioökonomischen Strukturen auswirken.
20 von insgesamt 29 Mitgliedsregionen der Allianz waren in Leipzig vertreten und brachten die Bedenken ihrer jeweiligen Unternehmen zum Ausdruck. Ausgehend von den Anforderungen an emissionsfreie Fahrzeuge zur Erreichung der EU-Klimaziele und den damit verbundenen Veränderungen in der Automobilindustrie plädiert die Allianz geschlossen für die Schaffung eines europäischen Instruments, mit dem ein gerechter und fairer Wandel in den Regionen der Automobil- und Zulieferindustrie unterstützt wird, um die negativen Auswirkungen auf die Beschäftigung zu minimieren, die Fähigkeiten und Chancen der technischen Umstellung der europäischen Automobilindustrie zu verbessern und in den Bereichen Forschung und Innovation weltweit konkurrenzfähig zu bleiben.
Der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer eröffnete die Sitzung und erklärte: „Die Automobilindustrie hat nicht nur ihre Wiege hier in Sachsen, sondern ist auch für Deutschland eine Schlüsseltechnologie. Dank des herausragenden Fachwissens und der Innovation entwickelt sich der Freistaat zu einem Zentrum der Elektromobilität. Strukturwandel und Klimaziele bedeuten Veränderungen für Sachsen und seine Automobilindustrie. Ich danke der Allianz der Automobilregionen deshalb für diesen Austausch, der uns dabei helfen soll, diesen Wandel gemeinsam erfolgreich zu bewältigen.“
Die Allianz der Automobilregionen wird im Rahmen ihrer künftigen Arbeiten vor allem die regionalen Auswirkungen des Wandels in der Automobil- und Zulieferindustrie, die Unterstützung der Umschulung und Weiterbildung der Beschäftigten in den Regionen und den Einsatz alternativer Kraftstoffe erörtern. Auf der Grundlage ihrer auf der Plenartagung des Europäischen Ausschusses der Regionen (AdR) im Juni 2022 verabschiedeten 10-Punkte-Erklärung unterstützt die Allianz die Bemühungen um eine drastische Senkung der Treibhausgasemissionen im Straßenverkehr und fordert, dass im Rahmen für den gerechten Übergang der wirtschaftliche und soziale Zusammenhalt in allen europäischen Automobilregionen gewährleistet wird. Zu diesem Zweck muss der Rahmen haushaltspolitische und politische Unterstützungsmaßnahmen umfassen und mit einer gemeinsamen Planung für den Übergang auf regionaler Ebene einhergehen.
Diese zentrale Forderung muss durch territoriale Folgenabschätzungen erreicht werden, in denen gemeinsame Herausforderungen und Chancen für Regionen, Erstausrüster und insbesondere KMU, die in der Automobillieferkette tätig sind, geprüft werden. Außerdem sollten Umschulungs- und Weiterbildungsmaßnahmen für Arbeitskräfte in der Region unterstützt und das Angebot an und die Nachfrage nach entsprechenden Kompetenzen überwacht werden.
Thomas Schmidt, Mitglied des Europäischen Ausschusses der Regionen und sächsischer Staatsminister für Regionalentwicklung, erklärte: „Gastgeber des ersten Treffens der Allianz zu sein, war für Sachsen eine große Ehre. Ich freue mich, dass so viele Regionen heute hier in Leipzig präsent sind. Das ist wichtig, weil es der Allianz und ihrer zukünftigen Arbeit Gewicht verleiht. Der Austausch über die Belange der Automobilregionen war wichtig und hoch interessant. Jede Region ist anders betroffen. Und doch gibt es gemeinsame Interessen, die wir mit der Allianz künftig auch gemeinsam vertreten wollen. Das zeigen vor allem die fünf Punkte der Leipziger Erklärung: Die Allianz wird sich künftig jährlich zu einer Tagung treffen. Die gastgebende Region, heute der Freistaat Sachsen, hat dann für ein Jahr den Vorsitz inne. Wir wollen uns intensiv austauschen – auch über den AdR und seine Automotive Intergroup sowie mit den relevanten Wirtschaft- und Sozialpartnern. Die Allianz ist offen für weitere Mitglieder. Alle Mitglieder werden auch einzeln die gemeinsamen Ziele zum Beispiel gegenüber den europäischen Institutionen und den jeweiligen Regierungen der Mitgliedsstaaten vertreten. Das heutige Treffen der Allianz ist also der Auftakt für die eigentliche Arbeit.“
Zu den weiteren Forderungen der Allianz gehören die Schaffung eines starken Forschungsrahmens für industriellen Wandel und Innovation in der europäischen Automobilindustrie, Flexibilität in den Leitlinien für staatliche Beihilfen, damit die Automobilregionen diesen Wandel lenken und bewältigen können, sowie der Aufbau öffentlich zugänglicher Tankstellen und Ladestationen. Dies wird die Einführung von emissionsfreien Fahrzeugen ankurbeln und zur Konzentration der verfügbaren öffentlichen und privaten Investitionsmittel auf die verschiedenen technischen Lösungen (z. B. Elektrifizierung, Wasserstofftechnik und synthetische Kraftstoffe) führen. Es gilt, die Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft der europäischen Automobilindustrie zu sichern.
Hintergrund
Die Allianz der Automobilregionen ist ein politisches Netz von Regionen mit einer starken Automobil- und Zulieferindustrie, die von der Umstellung auf einen emissionsfreien Straßenverkehr betroffen sind. Sie wurde vom Europäischen Ausschuss der Regionen auf seiner Plenartagung im Juni 2022 ins Leben gerufen, um einen gerechten und fairen Übergang in der Automobil- und Zulieferindustrie zu gewährleisten. Dieses Forum steht allen vom Wandel betroffenen Regionen offen. Derzeit gehören der Allianz 29 Regionen an.
Dem Ziel der Europäischen Union, die Emissionen in der EU bis 2030 um mindestens 55 % zu senken, soll auch die Verordnung zur Verschärfung der CO2-Emissionsnormen für Personenkraftwagen und leichte Nutzfahrzeuge dienen. Der jüngste, am 8. Juni 2022 angenommene Vorschlag des Europäischen Parlaments, Autos mit Verbrennungsmotoren ab 2035 EU-weit zu verbieten, wird zu weiteren Veränderungen in der europäischen Automobil- und Zulieferindustrie führen. Ziel der Allianz der Automobilregionen ist es deshalb, sicherzustellen, dass der Übergang in der Automobilbranche fair und erfolgreich verläuft und keine Region zurückbleibt. Zugleich sollen die Klimaziele der EU voll unterstützt werden.
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